Liebe Weinfreunde!
Viele von Euch fragen mich immer wieder, wie wird man denn eigentlich Sommelier? Diese Frage und welche Grundkenntnisse jeder angehende Weinkenner lernen sollte, möchte ich Euch gerne beantworten!
Wie wird man Sommelier?
Als erste Voraussetzung ist es unabdinglich, dass man eine große Liebe zum Wein hat – so wie ein Tischler zum Holz oder ein Banker zum Geld! Die zweite Voraussetzung ist, dass man offen gegenüber Neuem ist. Wenn mich jemand fragt, welcher mein Lieblingswein ist, kann ich diese Frage nicht beantworten. Denn was gibt es Schöneres, als für etwas Neues offen zu sein? Immer wieder neue Gerüche, neue Geschmäcker. Es gibt so unendlich viele Weine zu entdecken, also warum sollte man sich selbst begrenzen? Sicher hat man den einen oder anderen Weinstil, den man präferiert. Aber es gibt auch bei ungeliebteren Weinsorten immer wieder schöne Überraschungen.
Wie wird man jetzt vom Weinliebhaber zum Sommelier?
Natürlich ist das Trainieren des Geschmacks- und Geruchssinns das Wichtigste für einen Sommelier. Durch das Wiederholen dieses Vorgangs bildet man sein eigenes Geschmacksgedächtnis aus. Das ist wie bei einem Bodybuilder, der immer wieder seine Muskeln trainiert. Das Geschmacks- und Geruchsgedächtnis ist die Grundlage, Weine überhaupt klassifizieren zu können.
Wie verkostet ein Sommelier einen Wein?
Im Folgenden möchte ich euch eine kleine Anleitung zum richtigen Weinverkosten geben. Denn so werden die Sinnesorgane geschärft und man kann Details ganz anders wahrnehmen. Dazu stelle ich euch 5 Weine vor, von denen jeder eine der fünf Grundeigenschaften besonders erfüllt und somit spürbar macht. So habt ihr dann gleich einen Anhaltspunkt und könnt euer theoretisch erlangtes Wissen praktisch einsetzten.
Ich habe mal gelesen, dass wenn man an jedem Tag seines Erwachsenenlebens ein Glas Wein trinkt, ergibt das in Summe 4000 Flaschen Wein. Da ist einiges möglich 😉
Wie verkostet ein Sommelier richtig?
Das Weinglas
Ich verkoste sehr gerne mit dem Gabriel Glas. Dieses Glas wurde dafür entwickelt, mit einem Glas alle Weine verkosten zu können. Es gibt die mundgeblasene oder die maschinell hergestellte Version. Beide haben ihre Vorzüge und ich finde Sie zum Verkosten ideal. Vor allem hat man dann immer das gleiche Setting, so ist es für einen Sommelier leichter den Wein gleich zu beurteilen.
Die Weinfarbe
Achtet darauf, dass ihr beim Verkosten einen hellen Untergrund habt. Ich verwende dafür immer eine weiße Tischdecke, da man die Farbe des Weines und seine Randaufhellung besser beurteilen kann.
Die Farbe beim Weisswein:
Klar, Grüngelb, Strohgelb, Goldgelb, Bernsteinfarbe
Die Farbe beim Rosé:
Hellrosa, Zwiebelhautfarben, Lachsfarben, Himbeerfarben, Kirschfarben, Orangerosé
Die Farbe beim Rotwein:
Violett-Rot, Purpurrot, Rubinrot, Granatrot, Ziegelrot, Kupferrot
Mit den verschiedenen Farbtönen lässt sich schon einiges über das Alter, die Rebsorte und die Art des Ausbaus sagen.
Ein Rotwein mit starken violetten Reflexen ist eher jung, während eine kupferrote Farbe schon eher auf ein gereifteres Alter schließen lässt.
Ein Vernatsch hat meist ein helles Granatrot, ein Cabernet eher ein dunkles Rubinrot. Nur um ein paar Beispiele zu nennen und wieviel man schon alleine aufgrund der Farbe sagen kann.
Der Geruch
Heben Sie das Glas bis dicht unter die Nase und atmen sie tief ein. Dann schwenken Sie das Glas und wiederholen den Vorgang. Dabei riechen sie noch einmal. Dieses Mal länger und intensiver und sehr bewusst. Wechseln Sie zwischen Riechen und Analysieren.
Kräftige und fruchtige Aromen können Sie meist am unteren Glasrand besser riechen und florale und feinere Aromen eher am oberen.
Über den Geruch des Weines können wir auch Fehler erkennen. Darum auch unbedingt am Korken riechen.
Die 5 Grundeigenschaften
Die Süße
Die Süße des Weines hängt vom Restzucker ab. Die Restsüße ist der Zucker, der nicht vollständig zu Alkohol vergoren ist. Diesen können wir schmecken und er macht ein gutes Mundgefühl.
Ein Wein kann trocken, halbtrocken, lieblich oder süß sein, wobei sich die Zunge leicht täuschen lässt. Wenn der Säuregehalt etwas höher ist, spürt man den Zucker nicht mehr so sehr. Und ein hoher Alkoholgehalt lässt wiederum den Wein etwas süßer schmecken als er ist. Crazy, oder?
MOSCATO GIALLO
Weinkellerei H. Lun
Die Aromatik vom Gelben Muskateller ist einzigartig. Hier aus der Kellerei H. Lun in Girlan. Ein typischer Wein, der nur so strotzt vor Muskateller Aromen. Ein bisschen Grapefruit ist auch dabei. Was ihr bei diesem Wein aber besonders gut erschmecken könnt, ist die Süße. So könnt ihr euren Gaumen trainieren, um halbtrockene Weine zu erkennen.
Die Säure
Die Säure im Wein ist ein wichtiges Grundgerüst, um ihm Balance zu verleihen. Bei zu wenig Säure schmeckt der Wein fad und bei zu viel Säure schmeckt er sauer. Es ist wichtig, dass sie im richtigen Verhältnis steht. Nur so stützt sie die Aromen und verleiht dem Wein Frische.
Die Säure kann ein Sommelier mit den Worten saftig, frisch, animierend positiv bewerten. Fad und aggressiv sollte man die Säure nur beschreiben, wenn es wirklich angebracht ist.
GrüVe 2020
Weingut Jurtschitsch
Ein schöner Vertreter für einen frischen, saftigen Wein ist der GrüVe. Ein junger Grüner Veltliner aus Langenlois. So soll eine lebendige, nicht nervige Säure schmecken. Er ist animierend und fruchtig. Ein perfekter Begleiter für die warmen Frühlingstage, die vor uns liegen!
Das Tannin
Im Weißwein spielt es eine eher untergeordnete Rolle. Nur, wenn der Weißwein auf der Schale vergoren wird, lösen sie sich überhaupt in den Wein.
Beim Rotwein hingegen spielen sie eine sehr wichtige Rolle. Tannine sind im Wein natürlich vorkommende Polyphenole, die sich aus der Schale, den Kernen oder jungen Eichenfässern lösen. Die Polyphenole lösen die Proteine von unserer Zunge und so wirken sie für uns austrocknend (adstringierend). Es gibt ein leicht pelziges Gefühl. Die Tannine geben dem Wein Struktur und Charakter. Außerdem ist ein ausgewogenes Verhältnis von Tanninen zur Säure sehr wichtig, um eine gute Reifung zu garantieren bzw. eine längere Lagerung erst möglich zu machen.
Tannine beschreibt der Sommelier als pelzig, gut eingebunden, reif, weich, hart und noch vieles mehr. Teste einfach verschiedene Weine um den Unterschied zu erschmecken.
Saint-Émilion Grand Cru 2017
Château Boutisse
Also einen Wein mit deutlich spürbarem Tannin zu finden, war ein fast unlösbares Unterfangen! Speziell wenn man nicht einen ganz großen Wein viel zu früh opfern will. Und bei allen anderen scheint das Tannin immer perfekt eingebunden zu sein. Zumindest in unserem Sortiment. Darum habe ich mich für den Château Boutisse entschlossen. Er ist auch rund und fein, hat aber noch eine merkliche Tanninstruktur. Ich finde es schade, dass dieses Charaktermerkmal langsam durch den modernen Weinbau verschwindet. Aber natürlich liegt dieser Entwicklung der Konsumentenwunsch nach runden Tanninen zu Grunde.
Der Alkohol
Der Alkohol im Wein entsteht durch die Vergärung des Fruchtzuckers. Am besten erkennt man den Alkoholgehalt durch das wärmende Gefühl im Rachen. Je wärmer es wird, um so mehr Alkoholgehalt hat der Wein. Der Alkohol gibt dem Wein Körper, und er transportiert die Fruchtaromen von der Weinoberfläche in unsere Nase.
Der Alkoholgehalt kann von schwach über mittelstark bis stark beschrieben werden.
Dionysos – Primitivo di Manduria Reserva
Masseria Surani
Ein Primitivo, der nur so vor Sonnenkraft strotzt. Mit 15% Alkohol wärmt er deinen Rachen sicherlich sehr. Er wurde von James Suckling mit 90 Punkten und vom Wine Enthusiast mit 91 Punkten bewertet. Er ist voll und rund. Ein tiefdunkles Rot zeugt von Kraft und Intensität. Ein Wein, der alle Sinne anspricht.
Der Körper
Der Körper eines Weines kann nicht wissenschaftlich erklärt werden. Er ist vielmehr ein persönliches Gefühl. Die Summe aus Süße, Säure, Tannin und Alkoholgehalt. Er kann schlank, mittel oder körperreich sein.
Governo All’Uso Toscano 2019
Weingut Poggio Petroso
Ein Wein, der zwei Weinbaustile Italiens ineinander vereint. Und so 95 Pkt. bei Luca Maroni holen konnte. Die Winzerfamilie stammt aus dem Veneto und hat für diesen Wein einen Teil der Trauben ein paar Wochen trocknen lassen. Dann wurden sie gepresst und zum restlichen bereits vergorenen Wein gegeben. Danach wurde der Wein ein zweites Mal vergoren. Das Ergebnis ist ein Ripasso ähnlicher Wein aus 85% Sangiovese und 15% Syrah. Aber eben, man glaubt es kaum, aus der Toskana. Ein sehr gutes Beispiel für einen ausgeglichenen, körperreichen Wein. Durch die Vielschichtigkeit der Aromen kann man sehr viele Geschmäcker erforschen.
In diesem Sinne wünsche ich euch viel Spaß beim Verkosten und Ausprobieren!
Prost! Eure Maria
Vinothek Nagele
Ps.: Unsere Blog-Artikel sind mit einem Augenzwinkern zu lesen, ein verantwortungsvoller Umgang mit Alkohol ist eine Grundvoraussetzung!